EDITION DONAU-UNIVERSITÄT KREMS
INTEGRATIVE THERAPIE
Zeitschrift für vergleichende Psychotherapie und Methodenintegration
Aus Heft 2010, 1 Identität in Therapie und Beratung
Seite 7 – 29
Prekäre Verortungen in der Spätmoderne: Zum Patchwork Personaler und Kollektiver Identitäten
Heiner Keupp
Zusammenfassung: Prekäre Verortungen in der Spätmoderne: Zum Patchwork Personaler und Kollektiver Identitäten
Die Erste Moderne hat normalbiographische Grundrisse geliefert, die als Vorgaben für individuelle Identitätsentwürfe gedient haben. Innerhalb dieser Grundrisse bildete die berufliche Teilidentität eine zentrale Rolle, die für die Identitätsarbeit der Subjekte Ordnungsvorgaben schuf. In der Zweiten Moderne verlieren diese Ordnungsvor-gaben an Verbindlichkeit und es stellt sich dann die Frage, wie Identitätskonstruk-tionen jetzt erfolgen. Wie fertigen die Subjekte ihre patchworkartigen Identitäts-muster? Wie entsteht der Entwurf für eine kreative Verknüpfung? Wie werden Alltagserfahrungen zu Identitätsfragmenten, die Subjekte in ihrem Identitätsmuster bewahren und sichtbar unterbringen wollen? Woher nehmen sie Nadel und Faden, und wie haben sie das Geschick erworben, mit ihnen so umgehen zu können, dass sie ihre Gestaltungswünsche auch umsetzen können? Und schließlich: Woher kommen die Entwürfe für die jeweiligen Identitätsmuster? Gibt es gesellschaftlich vorgefertigte Schnittmuster, nach denen man sein eigenes Produkt fertigen kann? Gibt es Fertigpackungen mit allem erforderlichen Werkzeug und Material, das einem die Last der Selbstschöpfung ersparen kann?
Schlüsselwörter: Identitätsmetaphern, Spätmoderne, Identitätskonstruktionen, Patchwork, Ressourcen
Summary: Precarious Positioning in the Late Modernity: about the Patchwork of Personal and Collective Identities
The “First Modernity” was a period in which firmly established biographical blueprints provided a reliable basis for mapping out individual identities. In the Second Modernity these blueprints have lost their normative force. The question that arises is: How do identity constructions come about in the present day and age? How do individuals tailor their patchwork identity patterns? How is creative cross-linking mapped out? How do everyday experiences become identity fragments that individuals preserve in their identity patterns and wish to include in them in a visible manner? Do we still need notions like coherence and continuity? Identity research needs to find answers to these questions. In that endeavour, individual and societal resources have become a focal issue in research.
Keywords: Metaphors of identity, late modernity, identity work, patchwork, resources
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