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… Therapie“ der „Zweiten Welle“] – Überlegungen zur Frage nach der therapeutischen Identität in einer pluralen therapeutischen Kultur

 

Zusammenfassung: Entwicklungen in der Gestalttherapie von Fritz Perls [und der „Integrativen Therapie“ der „Zweiten Welle“] – Überlegungen zur Frage nach der therapeutischen Identität in einer pluralen therapeutischen Kultur (1994l/2016)
Dieser Text von 1994 (l) als Beitrag auf einem Gestalttherapiekongress in Wien, ist ein typisches Dokument der so genannten „zweiten Welle“ im Entwicklungsprozess der „Integrativen Therapie“ (IT). Er zeigt Berührungspunkte mit der Gestalttherapie und Abgrenzungsbemühungen. Der Titel war wegen des Kongresskontextes von den Veranstaltern auf die Gestalttherapie „geframed“ worden. Indes 1993 (n) war eine Version des Textes unter folgendem richtigen Titel publiziert worden „Zur Frage nach der ‘therapeutischen Identität‘ in einer pluralen therapeutischen Kultur am Beispiel von Gestalttherapie und Integrativer Therapie – Überlegungen (auch) in eigener Sache“ (Petzold 1993n, http://www.fpi-publikation.de/polyloge/052016-petzold-h-g-1993n2016-therapeutische-identitaet-plurale-therapeutische-kultur/ ). Das ist eine etwas andere Lesart, als die des Gestaltkongresses. Wodurch die Veränderung kam, ist heute müßig zu fragen. Wir machen mit dieser Einstellung beide Versionen zugänglich, um zu zeigen, wie Entwicklungsprozesse von Therapieverfahren beständig durch außenbedingte und binnenbedingte Einflüsse durch Unschärfen gehen, die sich oft (oder auch nicht) in Entwicklungsprozessen allmählich klären.

Schlüsselwörter: Integrative Therapie in der „Zweiten Welle“, Gestalttherapie, Entwicklungsdynamiken von Therapieverfahren, Psychotherapiegeschichte.

 

Summary: Developments in Gestalt Therapy of Fritz Perls [and in “Integrative Therapy” of the “Second Wave” – Considerations on the Quest of Therapeutic Identity in a Pluralistic Therapeutic Culture (1994l/2016)
This text from 1994 (l), a contribution to a Gestalt Therapy Congress in Vienna, is a typical document from the so called “Second Wave” in the developmental process of “Integrative Therapy”. It is showing connecting points with Gestalt Therapy and attempts of distancing. The title has been “reframed” by the organizers of the congress because of the context of this congress. How this reframing came about is nowadays an idle question. However in 1993 (n) another Version of the text has been published under the following correct title: “On the quest for ’therapeutic identity’ in a pluralistic therapeutic culture taking Gestalt Therapy and Integrative Therapy as an example – Consideration (also) in one’s own behalf” (Petzold 1993n, http://www.fpi-publikation.de/polyloge/052016-petzold-h-g-1993n2016-therapeutische-identitaet-plurale-therapeutische-kultur/ ). This is just another reading, as the one of the Gestalt Therapy Congress. We herewith are making the two versions of the text accessible, in order to show how developmental processes of therapy approaches are constantly going through influences coming from outside or from their own inside sphere causing blurs, that often can be clarified (or not) in the lapse of developmental processes.

Keywords: Integrative Therapy in its Second Wave, Gestalt Therapy, Developmental Dynamics of Psychotherapy Approaches, History of Psychotherapy,

 

Kommentar:
Wir setzen heute, 2016, in der Überschrift in eckigen Klammern [eingefügt] die ursprüngliche Formulierung und Intention des Textes ein, die in ihm auch ganz klar ausgeführt ist. Der Text 1994l wie der Text von 1993n zeigen sehr anschaulich, wie aus einem „Merger“ von Zeitgeistströmungen, Erkenntnisprozessen und Entwicklungen in einem spezifischen Feld, dem der Psychotherapie, im Zusammenspiel unterschiedlicher Einflüsse sich die „Integrative Therapie“ herausgebildet hat bzw. wie sie von uns gestaltet wurde. Dabei machen die Verbindungen mit der Gestalttherapie und die Abgrenzungen zur Gestalttherapie deutlich, wie sich psychotherapiegeschichtlich Prozesse der Identitätsbildungen in wechselnden „Prägnanztendenzen“ vollziehen, die z. T. den Beteiligten erst in der Retroperspektive „aus der Exzentrizität“ des historisierenden Blicks klarer werden und dennoch in ihrer Mehrdeutigkeit immer eine gewisse Ambiguität behalten.

Johanna Sieper (2000, http://www.fpi-publikation.de/polyloge/032000-sieper-j-ein-neuer-polylog-und-eine-dritte-welle-im-herakliteischen-fluss/ ) hat die Entwicklungsschritte der IT wie folgt dargestellt:

1. Die „erste Welle des Aufbruchs“ 1965 -1982 [ab 1965 mit Praxisinput von multimodal-verhaltensorientierter psychiatrischer Therapie/Janet, Therapeutischem Theater/Iljine, Psychodrama/Moreno, Psychoanalyse/Ferenczi, Leibtherapie/Ehrenfried, ab 1968 Gestalttherapie/Perls; ab 1965 Eigeninput: Kreative Medien, Budo, Naturtherapie.
2. Die „zweite Welle der Konsolidierung“ 1982 – 2000 und die
3. „dritte Welle“ transversaler Elaboration u. innovativer Überschreitung 2000 …

In den Texten 1993n, 1994l sind die Klärung der eigenen Position und eigenen Identität im Gesamtfeld der Psychotherapie, das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten und Differenzen zu Gestalttherapie und Psychoanalyse bestimmende Themen, aber auch die Darstellungen der eigenen originellen IT-Entwicklungen in Metatheorie, Persönlichkeits- und Identitätstheorie und Praxeologie usw. Sie werden exemplifiziert anhand von Petzolds Integrationsmodells des „Tree of Science“ sowie seiner Theorie der Integratoren und des Integrierens. Johanna Sieper hat sie 2006 zusammenfassend dargestellt (http://www.fpi-publikation.de/polyloge/142010-sieper-johanna-transversale-integration-ein-kernkonzept-der-integrativen-therapie/ ). Unlängst wurde sie – leider ohne Blick auf die theoriedynamische Entwicklung der IT – auch visualisiert dargestellt: https://www.youtube.com/watch?v=rrSvEDoccP4 . Der Text 1994l macht, wie die ursprüngliche Version 1993n und ähnliche Texte aus dieser Zeit deutlich, wie die IT in dieser „2. Welle“ sich als eigenständiges, wahrhaft integratives Verfahren darstellt, also n i c h t als „humanistisch-psychologisches“ (z.B. gestalttherapeutisches) Verfahren, oder als „tiefenpsychologisches“ oder als klassisch „verhaltensttherapeutisches“ Verfahren, obwohl zu all diesen Mesoparadigmen Schnittflächen bestehen (vgl. Abb. 2 im vorliegenden Text) – wie könnte es anders sein? Wir sind mehr/minder „auch“ verhaltenstherapeutisch oder „auch“ tiefenpsychologisch orientiert etc. und kritisieren diese Paradigmen zugleich in weiterführender Weise – auch das „humanistisch-psychologische Paradigma“! Die „Integrative Therapie“ ist eine Richtung (noch in der 2. Welle wenden wir uns vom Begriff der „Schule“ ab)  oder Strömung im „Neuen Integrationsparadigma“ (mein Terminus, Petzold 1992g) klinischer Psychologie bzw. psychologisch-wissenschaftlich und durch Psychotherapieforschung begründeter Psychotherapie oder besser und weiter greifend: „Humantherapie“. Diese Position wird dann in der „Dritten Welle“ der IT  (ab 2000) dezidiert vertreten, ausgebaut, weiter entwickelt. Ihre Ausrichtung wurde auf dem Deutschen Psychologentag vor der Millenniumswende in Petzolds (1999p) Abschlussvortrag „Psychotherapie der Zukunft – Reflexionen zur Zukunft und Kultur einer korrespondierenden und evidenzbasierten HUMANTHERAPIE“ dargelegt und wurde seitdem konsequent als diese HUMANTHERAPIE (also nicht bloß Psycho-therapie) weiterentwickelt (Orth, Sieper, Petzold 2014, http://www.fpi-publikation.de/textarchiv-petzold/orth-i-sieper-j-petzold-h-g-integrative-therapie-als-methodenuebergreifende-humantherapie/ ).
Weil „alles fließt“ im herakliteischen Strom und „immer neues Wasser hinzukommt“ – durch Reevaluation von schon Vorhandenem (dem Ökologiebezug Petzold 1965, Textarchiv) und durch Veränderungen des Weltkontextes (Katastrophen-Zeitgeist, ökologische Desaster, 2016i, 2016l) müssen wir heute die IT auch als eine MUNDANTHERAPIE verstehen und praktizieren, die ein ökosophisches, naturgerechtes Leben und Handelns erforderlich macht (idem 2015k, Hömberg 2016, http://www.fpi-publikation.de/supervision/082016-hoemberg-ralf-naturinterventionen-und-supervision-als-oekopsychosomatische-burnout/ ). Der Blick auf die Entwicklungsgeschichte des eigenen Verfahrens, wie ihn dieser Text ermöglicht, macht seine Entwicklungsdynamik in KONTEXT/KONTINUUM deutlich – und das schafft Identität … eine prozessuale, transversale Identität (Petzold 2012q, http://www.fpi-publikation.de/wp-content/uploads/textarchiv-petzold_petzold-2012q-transversale-identitaet-integrative-identitaetstheorie-persoenlichkeitstheorie.pdf ), die immer wieder neu bestimmt werden muss.

H.G. Petzold, J. Sieper, August 2016

 

petzold-1994l-entwicklungen-gestalttherapie-fritz-perls-integrative-therapie-zweite-welle-identitaet [5.17 MB]

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